Reiseberichte Russland, Sibirien und Zentralasien
Russland, Sibirien und Zentralasien aus Sicht der kulturell Fremden

Wie haben Reisende bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts unbekannte Gebiete Russlands, Sibiriens und Zentralasiens wahrgenommen? Der Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte Osteuropas und seiner Kulturen analysiert bekannte und neu entdeckte Berichte.
Von Gelehrten und Abenteurern
Im Mittelpunkt der laufenden Forschungen stehen Reiseberichte von Ausländern, die sich vom Mittelalter bis zur Wende des 20. Jahrhunderts in die noch weitgehend unbekannten Gebiete Russlands, Sibiriens und Zentralasiens aufgemacht haben. Neben den historisch relevanten Sachinformationen geht es bei der Analyse der Berichte in besonderer Weise um den ethnologischen Blick: Wie haben Missionare, Naturwissenschaftler, Diplomaten, Militärs, Sprachwissenschaftler und andere das „strukturell Fremde“ wahrgenommen? Mit welchen Methoden haben sie versucht, kulturelles Anderssein für sich und ihre potentiellen Leser plausibel zu machen? Wo liegen die Bruchstellen angesichts des kulturellen Hintergrunds der Betrachter, das kulturell Fremde zu verstehen?
Ungehobene Schätze
Der Quellenpool umfasst ca. 100 Autoren, die Reisebeschreibungen in deutscher, französischer, englischer, lateinischer, russischer, holländischer, italienischer, arabischer, finnischer und polnischer Sprache verfasst haben. Ihre Schriften spiegeln die Auseinandersetzung mit fremdartigen kulturellen Institutionen wie Heiratsrituale, Schamanismus oder Bärenkult. Ein kulturwissenschaftlicher Ansatz soll diese Quellen, die noch nicht ansatzweise ausgeschöpft sind, zum Sprechen bringen. Ziel ist es, mit einer Theorie der Wahrnehmung vom Fremden bekannte und neu entdeckte Reiseberichte als Quellen der Kulturgeschichte Osteuropas fruchtbar zu machen. Damit sollen Besonderheiten heute teils verschwundener Kulturen ans Licht gehoben und zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Ethnografie geleistet werden.
Projektleitung an der Universität Passau: Prof. Dr. Thomas Wünsch (Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte Osteuropas und seiner Kulturen)
Laufzeit: seit 2016